Formel-E am Flughafen Tempelhof – Monaco im Kleinformat

Sönke Paulsen, Berlin

Fast ohne Erwartungen bin ich an einem sonnigen Samstag im April zum alten Flughafen Tempelhof gepilgert. Wenn Elektroautos um die Wette fahren, kann es ja nur langweilig werden. Langweilig? Weit gefehlt. Die Formula-E-Weltmeisterschaft ist Rennsport hautnah und mit jeder Menge Gänsehaut.

Tatsächlich hätte ich für ein hautnahes Motorsportereignis den Aufwand treiben müssen, an diesem Wochenende nach Monaco zu fliegen. Denn der neunte Lauf der Formel-E WCP findet an diesem Wochenende in Monaco statt. Andere Stadtrennen bei denen man die bis zu 500PS starken Boliden hautnah erleben kann, gibt es zumindest in Europa nicht. Der zehnte Lauf findet Anfang Juni in Jakarta statt.

Berlin war also in bester internationaler Gesellschaft, als das Rennen auf dem Vorfeld des Flughafens ausgerichtet wurde.

Zunächst einmal möchte ich mit dem größten Vorurteil aufräumen, das Elektro-Rennwagen entgegengebracht wird. Sie sollen angeblich zu leise sein und keine Motorgeräusche von sich geben. Das stimmt, wenn man die bloße Dezibel-Lärmbelastung an der Strecke betrachtet, die vielleicht zehn Prozent im Vergleich zur Formel eins beträgt. Das stimmt aber überhaupt nicht mehr, wenn man die akkustische Rennatmosphäre als ganzes betrachtet. Formel-E-Rennwagen klingen nach Düsentriebwerken, die ein paar Stufen leiser gestellt wurden. Wenn die Meute im Rennen die lange Gerade verließ und in die erste Kurve eintauchte, hatte man den Eindruck von landenden Düsenjägern, die gleich auf einen zuschießen.

Ohne Auslaufzonen war der Circuit vor allem mit Betonsperren und Zäunen gesichert, was für die Fahrer volles Risiko und höchste Präzision bedeutete. Als Zuschauer konnte man die Fomel-Flitzer in zwei Meter Entfernung an sich vorbeirasen lassen. Was für ein Erlebnis!

Unfälle gab es auch einige, jedoch ohne ernste Verletzungen. Die Piloten sind jung, aber schon Vollprofis! In einer Haarnadelkurve, die direkt an der Tribüne lag, gab es eine Einlage, in der sich zwei Fahrer gegenseitig aus dem Feld geschoben haben. Das Geräusch war beeindruckend, obwohl die Geschwindigkeit an dieser Stelle eher niedrig war.

Die Höchstgeschwindigkeiten wurden auf der Zuschauer abgewandten langen Gerade erreicht und lagen weit über 200 km/h, die schnellsten Runden kamen mit Durschnitssgeschwindigkeiten von 150km/h auf den Screen. Eine riesige Videoleinwand zeigte unter dem Vordach des Aprons alles an, was relevant war, so dass man auch beim Snack den Stand des Qualifyings und der darauffolgeneden Rennen nicht verpasste.

Ein wenig bedauert habe ich, dass ich keine Karte für das Fahrerlager gekauft hatte. Ich musste auf der Fanmeile bleiben und um die Strecke herumschleichen. Beim nächsten Mal bin ich klüger. Heute frage ich mich, was ich eigentlich mehr bekommen hätte, wenn ich an diesem Wochenende nach Monaco geflogen wäre.

Mir fällt nichts ein! Berlin Tempelhof und die Formel-E, waren die perfekte Legierung. Im nächsten Jahr komme ich wieder.

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