Sönke Paulsen, Berlin
Ich gebe zu, dass ich nicht sehr kontaktfreudig bin. Wenn mich jemand auf der Straße anspricht, tendiere ich zur Flucht. Warum kaufe ich mir dann so ein Motorrad? Eine neue Kawasaki Z 650 RS in grünmetallic mit goldenen Druckgussfelgen. Seit ich damit unterwegs bin, werde ich ständig angesprochen.
Schon auf dem Parkplatz kommt jemand auf mich zu. „Schönes Motorrad! Ist das alt oder neu?“ „Ganz neu,“ antworte ich immer, „frisch aus dem Laden.“ Erstaunen! Das Motorrad sieht irgendwie alt aus, wirkt aber viel zu neu, um es klassisch zu nennen. Es glänzt auch noch aus der letzten Pore.
Die kleine Maschine hat das Zeug zum „Dream-Bike“.
Ein älterer Herr aus Finnland, der früher Rallyes gefahren ist und auch schon gewonnen hat, bewundert die Maschine und fühlt sich an seine Norton erinnert, mit der er als junger Mann durch den finnischen Winter gefahren ist. Seine Augen leuchten. Er hat viel erlebt. Hat bei Finnair gearbeitet, wenn auch nur im Catering. Egal, er erzählt viele interessante Erlebnisse, angeregt von meiner Kawasaki. Am Ende wünscht er mir viele glückliche Kilometer. So einen warmherzigen Wunsch habe ich noch nie bekommen, zumindest nicht, was das Motorradfahren angeht. Der alte Finne wird mir im Gedächtnis bleiben.
Dann kommt eine junge Frau von hinten und beginnt den grün schillernden Tank zu streicheln. Zugegeben war sie etwas heruntergekommen und ich bat sie, das Motorrad nicht anzufassen. Enttäuscht zog sie sich zum rechten Außenspiegel meines Motorrades zurück und begann ihre Schminke zu überprüfen. Dann torkelte sie davon.
Die Kawa hat sogar schon den Familienfrieden gerettet, als ich einfach auf einer Feier meiner Ex auftauchte, auf der meine Kinder, aber nicht ich eingeladen war. Grund war ihr neuer Freund. Sie wollte eine misslaunige Begegnung vermeiden. Ihr Freund war allerdings von der Kawasaki gleich so begeistert, dass wir völlig vergaßen, in welcher misslichen Situation wir eigentlich waren. So wurde es ein richtig schönes Grillfest und meine Ex bedankte sich sogar für mein freundliches Kommen und lobte ihrerseits die Schönheit meines neuen Motorrades. Eine neue Freundin hätte sie wohl nicht so vorbehaltlos gelobt.
So langsam bekomme ich das Gefühl, dass ich mir ein „Motorrad der Herzen“ gekauft habe und werde neugierig darauf, wer mich noch alles darauf anspricht. Sie fährt nämlich nicht nur gut, sondern stellt für mich jedes Mal neue Kontakte her. Ich glaube, ich muss mich umstellen und kontaktwilliger werden. Die Kawasaki jedenfalls strahlt alle ihre Bewunderer an. Da könnte ich mir doch auch das eine oder andere Lächeln abringen.
Fehlt nur noch ein Körbchen für nen kleinen Hund am Lenker. Dann weiten sich die Kontakte aus von 10 bis exitus. Viel Glück beim Hundesuchen.